Page 7 - Von Stein Kessel und Pfanne
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 Die regionale Verbreitung des Steinbiers
beruht auf dem Vorkommen von geeig- netem Gestein. Dieses darf im heißen bis glühenden Zustand beim Einbringen in die kalte Maische sich weder zersetzen (wie etwa Kalkstein) noch gleich zerspringen. Im Kärntner Raum bot die ‘Grauwacke‘ dafür die passenden Voraussetzungen.
                                                                                                                                                                                                                                                                                                           Historische Steinzange
‘See-Biers‘ Vorsorge treffen musste. Durch den mittlerweile kultivierten Hop- fenanbau stand aber bereits genügend ‘Konservierungsstoff‘ für diesen Zweck
zur Verfügung.
Brauen im Holzbottich
Da den Brauereien im Binnenland die- se Möglichkeiten verwehrt blieben, hiel- ten sie noch lange an den kostengünstigen hölzer- nen Maischebottichen nach keltischem Vorbild fest. Besonders für die vielen Gasthof-Braustätten wäre die Anschaffung von Kupferkesseln mit Fassungs- volumina von rund fünf Hektolitern zu kostspielig geworden. Allerdings standen schon die Kelten vor der Herausforderung, die Maische in Holzbottichen ohne ein direktes Feuer zu erhitzen. Das Aufkochen war jedoch notwendig, um die Stärke des Brauge- treides in Zucker zu verwandeln. Und Letzterer stell-
tejadieBasisfürdenanschließendenGärprozess durch die Bierhefen dar.
Feuerlose Alternative
Bei der Erzeugung der mesopotamischen und ägyptischen ‘Ur-Biere‘ im dritten vorchristlichen Jahrtausend hatte man übrigens diesbezüglich noch keine Sorgen gehabt – in beiden antiken Regionen war das Klima so warm, dass man der Natur für die Maische-Umwandlung einfach freien Lauf lassen konnte. Ehrlich gesagt lassen sich aber die qualitativen Folgen dieses legeren Zugangs im Nachhinein auch nur schwer beurteilen ;-)
Mit heißen Steinen
Im mitteleuropäischen Siedlungsraum der Kelten war es für geeignete spontan-biochemische Pro- zesse aber ohnehin zu kalt, sodass man sowohl die Malztrocknung als auch die Maischeumwandlung aktiv thermisch unterstützen musste. Während man das Trocknen des Malzes noch einfach mit dem Ver- brennen von Holz oder Torf bewerkstelligen konn- te, stand für das Aufheizen der flüssigen Maische in Holzbehältern nur das Einbringen von erhitzten Steinen zur Verfügung. Damit konnte zwar mühe- los das rasche Sieden erreicht werden, doch jeder erfahrene Biergenießer weiß, dass während dieses Vorgangs bei bestimmten Temperaturstufen zeit- lich etwas innegehalten werden muss (sogenannte ‘Maische-Rasten‘). Weder eine Skala noch ein ver- lässliches Messgerät standen für die Kontrolle des geeigneten Temperaturverlaufs zur Verfügung. Das Quecksilberthermometer (samt Skala) wurde erst 1714 von Daniel Gabriel Farenheit erfunden und galt auch Jahrzehnte später noch als ein Ding für wissenschaftsbeflissene Millionäre. So etwas konnte sich etwa der berühmte französische Naturforscher Antoine de Lavoisier leisten, der im Nebenberuf nicht von ungefähr ein Steuereintreiber Königs Ludwig XVI. war. Ohne derartige gesellschaftliche Voraussetzungen musste man sich fürs Bierbrauen damals also noch anders behelfen. So zählte man die heißen Steine einfach ab und brachte sie dar- aufhin schrittweise mit einer Zange in die immer wärmer werdende Maische ein. Da man weder über eine ‘Eiweißrast‘ noch über eine ‘Maltoserast‘ Be- scheid wusste, beruhte dabei alles auf einem fast mystisch anmutenden Erfahrungsschatz des/r jewei- ligen Brau-Kundigen. Somit schließt sich hier wie- derum der thematische Bogen zum oben mehrfach erwähnten weißbärtigen, gallischen Druiden ;-)
S tyles 35 MAGAZINE
                                                  Foto: Tom Euscher
   




















































































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