Page 10 - Vom Shandy zum Radler
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 mit seinem geringen Alkoholgehalt den sportlichen Aktivitäten der Radfahrer entgegen.
Eine bayrische Geschichte ;-)
Einer weit verbreiteten Legende nach erfolgte die Er- findung des Radlers jedoch erst rund zwei Jahrzehnte später, als dem Besitzer der ‘Kugleralm‘ in der Nähe von München das Bier ausging. Franz Xaver Kugler galt damals schon als einer der großen Originale in der deutschen Gastronomie-Szene, der stets ein gutes Gespür für die aufkommenden Trends hatte. So ließ er
nach Ende des Ersten Weltkriegs einen Fahrradweg in das rund 20 km entfernte München anlegen, der ihm im Sommer täglich eine große Gäs- teschar bescherte. Zu deren Unterhaltung ließ er sich auch einiges einfallen: von Sackhüpfen bis Galopprennen reichte sein Angebot und nicht selten trafen sich zu diesen Anlässen über 1000 Gäste auf der Alm. Laut der Erzählung von Franz Xaver Kugler ging am ersten Samstag im Juni 1922 der Biervorrat zur Neige, worauf er nur mehr halbe Maße Bier ausschenkte und aufs volle Maß jeweils mit Limonade auffüllte. Seine Gäste wären mit dieser Kreation so zufrieden gewesen, sodass er fortan
dieses Getränk als ‘Radler‘ auf seiner Karte hatte.
Weltweite Ausbreitung
Wenn auch diese Entstehungsgeschichte etwas ge- flunkert ist, so schritt dennoch die Verbreitung des Radlers seit diesem Zeitpunkt in den deutschspra- chigen Gebieten stetig voran. Auch in Frankreich und der Schweiz gewann der Getränketyp unter der Bezeichnung ‘Panaché‘ (franz. für ‘gemischt‘) zuse- hends an Beliebtheit. Speziell in Österreich beträgt der Markanteil derzeit rund acht Prozent gemessen am gesamten Biermarkt. Jeder zweite Radler stammt dabei von der Brauerei Göss, die Ihren ‘Naturradler‘ im Jahr 2007 eingeführt hat. Sein Mischungsverhältnis von 40 Prozent Bier und 60 Prozent Fruchtsaft dient dabei dem Mutterkonzern Heineken international als Vorlage für die Entwicklung weiterer Radler, die stets unter einer starken nationalen Marke in den Handel kommen. So gibt es in Holland beispielsweise den Amstel-Radler, in Portugal den Sagres-Radler und in Brasilien den Kaiser-Radler. Insgesamt ist bereits in 35 Ländern das Prinzip dieses Biermischgetränktyps (ohne künstliches Süßungsmittel) ausgerollt worden.
Unzählige Varianten
Aber auch in Österreich selbst hat sich das Angebot an verschiedenen Geschmacksrichtungen in den letz-
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ten Jahren vervielfacht: Von Gösser gibt es mittlerweile beim Radler auch eine Kräuterversion, die Brauerei Zipf produziert einen Limettenradler und Edelweiß bietet einen Weißbierradler mit Birnen- und Melissenextrak- ten an. Bei Villacher setzt man hingegen in klassischer Manier auf den Zusatz von naturtrübem Zitronensaft. Zudem werden etliche Radler mittlerweile auch in ei- ner alkoholfreien Version angeboten. Der neueste diesbezügliche Vertreter am österreichischen Markt ist der Gösser Naturradler mit Himbeer-Rhabarber.
Fruchtiger Einstieg
Die geschmackliche Konkurrenz zum Radler-Segment ist sicher nicht in der klassischen Bierpalette zu sehen – dazu weisen die Mischgetränke zu wenig an bierty- pischem Charakter auf. Spätestens seit der Einführung von alkoholfreien Sorten bietet sich jedoch der direkte Vergleich mit herkömmlichen Softdrinks an. Und von diesen setzten sich Radler auf Grund des vergleichs- weise aufwendigen Herstellungsverfahren mit ihrer aro- matischen Komplexität deutlich ab. Der natürlich herbe Unterton eines Gösser Naturradlers lässt sich halt mit einer Handvoll Aromastoffe, selbst wenn diese organischen Ursprungs sind, nur schwer si-
mulieren. Bier eignet sich generell gut als solide geschmackliche Basis für Misch- getränke, die eine herb-säuerliche Frucht sozusagen als ‘duftige Kopf- note‘ präsentieren. Wenn es sich im
       Foto: Canva

















































































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