Page 14 - Grazer Braukultur
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BRAU
BRAUKUNST
 Input und Output der Filterstation.
                                   Foto: Tom Euscher
KUNST
angesetzt. “Relativ hoch“ deswegen, weil eine be- stimmte EBU-Zahl erst unter Berücksichtigung anderer Geschmacksträger sensorisch abschätzbar ist. Ein Bit- terwert von 31, wie konkret beim 2019er Jahrgangspils, wäre für die aromatische Balance beim extraktreichen englischen Imperial-IPA-Typ (India Pale Ale) beispiels- weise noch zu gering. Naheliegenderweise sinkt nämlich der Bitterkeitseindruck mit einem steigenden Malzanteil. Beim elegant-schlanken Reininghaus Jahr- gangspils mit seiner 11,2-prozentigen Stammwürze sind jedoch 31 Bittereinheiten schon ein beachtlicher Wert. Ermittelt wird die EBU-Zahl übrigens nicht durch ein ambitioniertes Verkostungsteam, obwohl sich viele Bier-Enthusiasten dieser Aufgabe sicherlich mit Hinga- be widmen würden;-) Der Zahlenwert ist vielmehr das Ergebnis einer ‘trockenen‘ mathematischen Formel, in welche der alpha- und beta-Säuregehalt des Hopfens sowie dessen Konzentration als Parameter eingege- ben werden.
Notwendige Technik
Um all diese Daten laufend zu überprüfen ist neben ständiger diagnostischer Laborarbeit auch eine ausge- reifte technische Gerätschaft erforderlich. Dieser Um- stand unterscheidet das Braugewerbe übrigens wesent- lich von der Trauben-Vinifikation: Der vergärbare Zucker liegt in der Braugerste im Gegensatz zum Traubenzu- cker (der Reben) nicht von Beginn an vor, sondern muss durch mehrere Produktionsschritte erst gewonnen wer- den. Das beginnt mit dem Mälzen des Getreides, wobei sogleich eine technische Vorrichtung für die Wärme- zufuhr beim Darren notwendig ist. Unmittelbar danach kommen Mühlen für die Verkleinerung (Schrotten) der Malzbestandteile zum Einsatz. Um schlussendlich eine Zuckerlösung zu erhalten, muss das zerriebene Malz in Wasser gelöst und die entstehende Maische über meh- rere Temperaturstufen hinweg erhitzt werden. Danach liegt dann zwar eine zuckerhältige Lösung vor - diese be- darf aber noch einer Klärung und dem anschließenden Aufkochen mit Hopfen in der Sudpfanne. Erst nach dem Abkühlen, das heute im Gegensatz zu früher aktiv mit Gegenstromanlagen erfolgt, verfügt der Braumeister über jene flüssige Basis, die der Winzer gleich unmit- telbar nach dem Abpressen seines Traubenmaterials besitzt. Die Erfordernis an der genauen Kontrolle meh- rerer physikalischer und chemischer Brau-Parameter so- wie der Aufwand an technischen Einrichtungen erklärt rasch die qualitative Überlegenheit der Weinwirtschaft im Altertum. Aber auch heute noch stellt die in eine Kleinbrauerei zu investierende Summe für so manche/m Craftbeer-BrauerIn eine unüberwindbare Hürde dar.
26 S tyles MAGAZINE
                                Foto: Styles Magazine

























































































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