Page 10 - Von Stein Kessel und Pfanne
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BRAU
BRAUKUNST
KUNST
 Biertyp mit Weißbiercharakter und leichtem Säurege- halt führen. Zu berücksichtigen ist in diesem Kontext al- lerdings, dass die derzeit am Markt befindlichen ‘Stein- biere‘ im Regelfall nicht dieser klassischen Herstellung entsprechen und demgemäß auch anders schmecken. Heiße Steine dienen bei den Steinbieren moderner Prägung nicht zur kompletten Maische-Erwärmung, sondern werden lediglich kurzzeitig mit einer bereits fertig gekochten Würze in Kontakt gebracht. Man kann diesen Vorgang daher mit dem ‘Stacheln‘ vergleichen, wobei das Bier mit glühenden Metallspießen einen karamelligen Touch erhält. Zudem sind die aktuell am Markt befindlichen Steinbiere, wie beispielsweise der Vertreter von ‘Leikeim‘ aus der oberfränkischen Alten- kunstadt sowie das ‘Gusswerk‘ Bio-Steinbier aus Salz- burg, oftmals im Gegensatz zum historischen Vorbild untergärig gebraut.
Die Braustätte Fischer
Doch damit aus der Gegenwart zurück ins Barock
   und ins Biedermeier als die beiden Kärntner Brau- betriebe Fischer und Schleppe ihre Technik auf die beheizte Kesselbrauart umstellten. Beim Gastwirt Ja-
  kob Fischer handelte es sich um einen Neueinsteiger in die Villacher Brauszene, der mit seinen jährlichen 4000 Litern Kesselbier im Jahr 1751 mengenmäßig noch weit unten rangierte. Immerhin produzierte er aber damit die doppelte Menge wie sein unmittelbar benachbarter Mitbewerber Simon Schludermann, der noch auf das Steinbierverfahren setzte. Diese beiden Braustätten sind deswegen von historischer Bedeu- tung, weil nach Beendigung der napoleonischen Kriegswirren aus ihrer Vereinigung jene vergrößerte
‘Fischer-Brauerei‘ hervorgegangen ist, die bis heute als ‘Villacher Brauerei‘ österreichweit bekannt ist. Nach einem längeren Hin und Her war dieser Zusammenschluss 1858 endgültig besiegelt und dieser Zeitpunkt gilt daher als Geburtsjahr vom heutigen Villacher Bier (welches damals lange noch als ‘Fischer-Bier‘ ge- handelt wurde). Der Anschluss der Stadt Villach ans k. & k. Eisenbahnnetz 1864 und der in den Folgejahren stattfindende Ausbau zum Verkehrsknotenpunkt versprachen auch der ansässi- gen Brauerei glänzende wirtschaftliche Perspektiven. Diese Chancen erkannte vor allem der damals 31-jäh- rige Johann Koutnik, der den Betrieb im Jahr 1901 um 118.000 Kronen erwarb (entspricht heute rund 850.000 Euro). Unmittelbar nach dem Kauf orderte er eine Tandem-Dampfmaschine mit einer Leistung von
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120 PS. Diese ermöglichte neben rein mechanischer Riemen-Arbeit auch den Betrieb eines Generators zur Stromerzeugung. Zusätzlich wurde eine künst- liche Kühlung für den Gär- und Lagerkeller einge- richtet. Durch diese Maßnahmen gelang es Koutnik die Produktion jährlich auf rund 40.000 Hektoliter zu steigern. Im mengenmäßigen Vergleich zur ehema- ligen regional-kleinteiligen Steinbierproduktion war das wirklich beachtlich. Bedacht werden muss aber auch, dass die ebenfalls im Süden Österreichs gele- genen Brauereien Puntigam und Reininghaus diese Produktionsmenge damals bereits um das jeweils Zehnfache übertroffen haben.
Gründung der AG
Diese Sachlage erkannte auch Johann Koutnik und gründete gemeinsam mit den beiden genannten Gra- zer Brauereien und der Leobner Brauerei Göss im Jahr 1919 die ‘Vereinigte Kärntner Brauereien Aktiengesell- schaft‘. Mit dem neuen Kapital konnten
nun Acquisitionen von kleineren Kärnt- ner Braubetrieben getätigt werden, wie beispielsweise die Übernah-
me von Germek & Fröhlich in
St. Ruprecht bei Klagenfurt (1925). Diese Neuerwerbungen
          Foto: Vereinigte Kärntner Brauereien
 

















































































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