Page 5 - Mit kreativem Herzblut
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 Neun Jahre ist es her, dass wir über Markus Spatzier das erste Editorial gebracht haben. Damals mussten wir für das erforderliche Fotoshooting noch etliche Kilometer fahren, da der Tiroler Maître Tailleur in Hall nahe bei Innsbruck sein Atelier hatte. Aufgefallen war uns zuvor sein Erstauftritt mit seiner Kollektion bei der Vienna Fashion Week 2011. Seinen dortigen Show- termin um 22 Uhr, ein Zeitpunkt, an dem wochentags das modeaffine Publikum schon dünner gesät ist, nutzte er für eine fulminante Performance: Entwürfe im Ensemble mit knallroten Hirschgeweihen und ‘La Belle Poule‘-Perücken à la Marie Antoinette verwan- delten den Catwalk optisch in eine Show vergleichbar mit Auftritten des Cirque Soleil. Ja – man kennt den vernunftbetonten Einspruch, dass die Ansammlung vieler kreativer Showpieces noch lange keine leicht verkäufliche Kollektion ergibt. Und dennoch – das Erzeugen von nachhaltigen Emotionen beim Zu- schauer erfordert den Einsatz an Ungewöhnlichem. Deshalb gibt es ja derartige kreative Extravaganzen auch in anderen Branchen. So stellt etwa die Autoindustrie auf Messen regelmäßig Designkonzepte vor. Fahrbar sind diese Modelle im Regelfall (noch) nicht. Einige dieser Vorschläge werden nach ihrer Präsentation auch komplett verworfen. Etwaige Beschwerden über dieses Vorgehen wären überraschend und werden auch selten vorgetragen. Genauso sollte aber auch der Aspekt einer durchgehenden ‘Tragbarkeit’ aller Entwürfe kein Argument für den Wert einer gesamten Kollektion sein.
Neustart in Wien
Doch damit zurück zu Markus Spatzier und seinem Label ‘Manufaktur Herzblut‘ im Hier und Jetzt. In den letzten neun Jahren hat sich ohnehin einiges bei ihm verändert. Nachdem er schon im Jahr 2010 beim Aus- trian Couture Award den zweiten Platz errang und er beim World Mastertailer Congress 2011 in Rom mit der ‘Goldenen Nadel’ ausgezeichnet wurde, gelang ihm 2017 dann endgültig der Sieg beim österreich- weiten Modewettbewerb. Sicherlich kam ihm dabei auch die ‘Schwarze Spitze‘ als vorgegebenes Thema gelegen, da Schwarz und all seine verschieden ge- tönten Abwandlungen in Richtung Anthranzit ohne- hin Spatziers farbliche Spielwiese sind. Denn Farben im üblichen Spektralbereich kommen bei seinen Entwürfen von Ausnahmen abgesehen nur als bunte Kontrapunkte vor. Die aktuelle, bei der diesjährigen Vienna Fashion Week gezeigte, Kollektion ist jedoch eine derartige Ausnahme. Das hat auch seinen Grund – dazu an späterer Stelle dieses Artikels mehr...
Anniversary
Auf der diesjährigen Vienna Fashion Week fei- erte Markus Spatzier mit seiner Manufaktur Herz- blut das zehnjährige Jubi- läum. Trotz Covid-techni- schen Einschränkungen war das Show-Zelt vor dem Wiener Museums- quartier bis auf den letz- ten Platz mit Zuschauern gefüllt - ein Beweis für
die Beliebtheit, die sich der aus Tirol stammende Modedesigner im letzten Jahrzehnt erarbeitet hat. Mittlerweile hat er auch eine stilistische Signatur für sich entwickelt, die er in den letzten Jahren nur mehr behutsam verändert hat.
Sie besteht aus einem Mix von Streetwear- und Couture-Teilen sowie dem Crossover von Gothic- und Tracht-Elementen.
Foto: Judith Benderjbj
Fotos: stefanjwolf
S tyles 27 MAGAZINE

























































































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